Aus dem neuen FOCUS Spezial, Mai/Juni 2015 – Interview mit Sven Gabor Janszky (S. 21 – Auszüge)

Headline: Der umgedrehte Arbeitsmarkt 2015 – Zukunftsforscher Sven Gabor Jansky sagt voraus: Die Unternehmen werden sich bei den Arbeitsnehmern bewerben müssen.

FOCUS – Glauben Sie dass es in zehn Jahren noch Bewerbungen geben wird?

Es wird Gespräche geben, aber unter anderen Vorzeichen. Ich glaube, dass die Unternehmen sich bei den Mitarbeitern bewerben müssen.

FOCUS – Warum das?

Wir heben es beim Arbeitsmarkt mit einer reinen Marktwirtschaft zu tun, die nach Angebot und Nachfrage funktioniert. Bisher hatten wir zu wenige Jobs für zu viele verfügbare Arbeitskräfte. Das Ergebnis war Massenarbeitslosigkeit. In den nächsten zehn Jahren wird sich der Arbeitsmarkt umdrehen. Auf absehbare Zeit wird es immer zu wenig Menschen geben für die vielen Jobs.

 FOCUS – Warum ist Vollbeschäftigung für die Unternehmen ein Horrorszenario?

Weil sie zu einer ganz wesentlichen Neuerung führt. Die Menschen werden bald begreifen, dass sie nach einem Jobverlust am nächsten Tag fünf oder mehr neue Angebote haben. 30 bis 40 Prozent der Beschäftigten werden auf diese Weise mittelfristig zu Projektarbeitern werden.

FOCUS – Im Moment ist die Wechselbereitschaft deutscher Arbeitnehmer noch vergleichsweise moderat. Warum gehen Sie davon aus, dass Fluktuation zum Standard wird?

Ganz einfach weil die Nachfrage größer ist als das Angebot an guten Mitarbeitern. Die Machtposition des Beschäftigten ist deutlich gewachsen, das spüren viele Unternehmen schon jetzt.

FOCUS – Was bedeutet das für das Personalmanagement?

Die Manager müssen lernen, dass die die Unternehmen bei den Mitarbeitern bewerben müssen und nicht umgekehrt.

FOCUS – Was können die Fachkräfte der Zukunft von den Unternehmen verlangen?

Sie können alles verlangen – und werden es auch kriegen. Wenn sie sich dauerhaft an die Firma binden wollen, können sie eine anspruchsvollere Ausbildung für die Kinder durchsetzen oder eine Doppelhaushälfte für eine günstigere Miete. Die Projektarbeiter werden das gleiche von ihren Headhuntern erwarten, deren Berufsbild sich ebenfalls mehr in die Rolle eines Agenten entwickeln wird.

02.05.2015