Auch während konjunktureller Hochphasen im Zeitraum 1970 – 2000 war immer die Rede von einem Arbeitgebermarkt. Die starken Geburtsjahrgänge (Babyboomers: Nach deutscher Zählung ab Jg. 1955) kamen auf den Arbeitsmarkt. Es fand jederzeit ein Verdrängungswettbewerb statt. Arbeitgeber kannten es nicht anders, dass sie „für jede zu vergebende Position“ aus 10 guten Kandidaten auswählen konnten. Der Arbeitnehmer kam sich stets ein wenig unterwürfig vor. Er zog schließlich „den Kürzeren“. Einmal an Bord hat sich dieses Verhalten dann häufig geändert – aber „die Angst“ spielte immer eine Rolle, vor allem in Konzernen und Großunternehmen.
Diese bekamen ihre Vorgaben vom „Headquarter“ und hatten diese zu implementieren. Jobs waren fragil und konnten jederzeit geopfert werden. In wenigen Fällen hing dieses mit einer mangelnden Leistung zusammen. Viel häufiger wurden Standorte zusammengelegt, Organisationsstrukturen auf Grund Automatisierung angepasst, oder Branchen schrumpften und richteten die (Personal)Kosten nach den Umsätzen.
Das Gespenst des Jobverlusts hing den Mitarbeitern latent wie ein Damoklesschwert über dem Kopf. Loyalität war ein nicht-passendes Wort, zumindest nicht in der Konzernwelt. In seltenen Fällen hingen die Mitarbeiter am Arbeitgeber. Schließlich waren der CEO, COO, CFO, der BU-Leiter & Co. auch nur „Soldaten“ die für einen begrenzten Zeitraum Macht übertragen bekamen damit sie im ihnen zugemessenen Zeitfenster die gesteckten Ziele erreichen würden.
Unten in der Hierarchie wurde es gelegentlich etwas ruhiger. Hier was weniger Fluktuation zu verzeichnen und ja, der eine oder andere Mitarbeiter war loyal. Meistens nicht dem Arbeitgeber gegenüber, sondern dem Teamleiter der die Restrukturierungen überlebt hat und es hinbekam ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen.
Großunternehmen waren per Definition wenig loyal, da der Druck der Aktionäre, des HQ & Co. einfach weiter gegeben wurde. Die Ent-Personifizierung der Macht führte häufig zu einem Achselzucken. Das Wort „Loyalität“ wäre keinem in den Sinn gekommen.
Der Vollständigkeit halber: Klein- und mittelständische Unternehmen haben dieses vielfach anders gehandhabt. Inhaber haben schlechte Jahre aus eigenen Rücklagen weggesteckt. Die Frage ist erlaubt ob dieses in jeder Situation wirtschaftlich gesund war – aber Mitarbeiter haben sich häufig als ein Teil der „Familie“ empfunden, wo Sicherheit vorherrschte. Und ja, Loyalität beschrieb häufig ein beiderseitiges Grundempfinden.
Nun kippt – nach knapp 50 Jahren – das Gefüge. Arbeitgeber sind darauf keineswegs vorbereitet – und bei Mitarbeitern hat sich die neue Weltordnung noch nicht wirklich herumgesprochen. Gelegentlich sind „Dammbrüche“ sichtbar, wenn sich ganze Abteilungen auflösen.
Unternehmen sind meist „erbost“ wenn Mitarbeiter alle drei Jahre wechseln. Statistiken zeigen, dass diejenige die so vorgehen ihr Gehalt bei jedem neuen Job im Durchschnitt um 15 Prozent steigern können. Nun wird über die Generation Y geschimpft, die Lebensläufe optimieren, egoistisch sind und nur den Eigenbelang vor Augen haben.
Hier wäre etwas mehr Selbstreflexion seitens der Unternehmen hilfreich. Diese haben Jahrzehnte Brüssel und Bilbao, Chemnitz und Cherbourg oder Dresden und Dublin zusammengelegt. Die Mitarbeiter hatten das Nachsehen. Wer kann es ihnen verübeln, dass sie sich etwas abgeschaut haben vom Verhalten der Arbeitgeber und nun auf dieser Welle surfen.
Es ist nicht im Stein gemeißelt, dass die Rahmenbedingungen so bleiben werden: Die höchste Beschäftigung, niedrigste Arbeitslosigkeit, eine exzellente konjunkturelle Lage, und ein demographischer Wandel der den Arbeitnehmern Rückenwind verleiht.
Das kann sich ändern. Keiner kann mit Sicherheit sagen, ob die Digitalisierung Arbeitsplätze schaffen oder vernichten wird – oder beides. Auf alle Fälle bin ich manchmal ein wenig überrascht, wenn sich die Babyboomers und die Generation X die häufig noch an den Schaltstellen der Macht sitzen, über ein illoyales Verhalten der Generation Y & Z echauffieren.
Das Jammern ist auch weitgehend überflüssig – denn es zeigt sich, dass Unternehmen die kreativ sind, durchaus Mitarbeiter finden. Wir leben aber in einer agilen Zeit und die Firmen die ihre Erfolgsformel aus den Vorgehensweisen der Vergangenheit ableiten, werden heute abgehängt.
Es ist lediglich ein wenig schade, wenn eben die Klein- und mittelständische Unternehmen die Rechnung zweimal zahlen. Einmal haben sie in der Vergangenheit an den Mitarbeitern in schweren Zeiten festgehalten. Wenn sie heute die Zeichen der Zeit nicht verstanden haben, verlieren sie Mitarbeiter an Konzerne da diese in der Regel besser zahlen, an attraktiveren Orten den Stammsitz haben und häufig über wohlklingendere Namen verfügen.