Ende Oktober 2015 verkündete die Agentur für Arbeit die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 24 Jahren. Noch nie befanden sich so viele Personen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Die Steuern sprudeln. Deutschland strebt einen Haushalt ohne Neuverschuldung an. Und die Flüchtlingsthematik erweist sich gar als „Konjunkturschub“ für die Bundesrepublik. Es werden allein 50.000 Sozialarbeiter gesucht. In NRW fehlen 5.000 Lehrer. Wer fürchtet, ein Asylant könnte ihm den Job streitig machen, erfährt, dass lediglich zwischen 10 und 20 Prozent der Flüchtlinge über eine Qualifikation verfügen, die derzeit verlangt wird. Und auch diese Gruppe muss zunächst Deutsch lernen und sich in einer fremden Umgebung akklimatisieren.
Gute Zeiten für Bewerber – tatsächlich?
Die Suche nach Fachexperten und Führungskräften spitzt sich somit aus Arbeitgeberperspektive zu. Manche Stellen bleiben deutlich über ein Jahr unbesetzt. Gute Zeiten für Bewerber – würde man meinen. Das ist zwar richtig, und doch gibt es Kandidaten, die 100 Bewerbungen und mehr schreiben, ohne eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu erhalten. Wie passt das zusammen?
Es ist immer gut, bei sich selbst anzufangen. Häufig reagieren Bewerber lediglich auf ausgeschriebene Stellen. Darüber habe ich oft und intensiv geschrieben – und ich möchte die Argumente, die dagegen sprechen, nicht wiederholen. Nur so viel sei gesagt: Das Auswahlverfahren ist aus vielen Gründen undurchsichtig und die statistische Chance, zu einem Interview eingeladen zu werden, gering! Alternative Aktionen wie die Initiativbewerbung, die eigene Kontaktaufnahme zu Personalvermittlern oder die Auffindbarkeit in sozialen Netzwerken sollten keinesfalls ungenutzt bleiben und die Bewerbungsaktivitäten auf alle Fälle unterstützen.
Aussagekräftige Unterlagen – das A und O
Ein zweiter Grund, weshalb Kandidaten in einem Arbeitnehmermarkt doch nicht zum Interview eingeladen werden, liegt schlichtweg in der (mangelnden) Qualität der Unterlagen. Mehr vom Gleichen wird nicht besser. Es ist erschreckend, dass viele Jobsuchende nicht über die Auflistung der bisherigen Tätigkeiten hinaus kommen. Oft ist dann die Rede von „gesammelter Berufserfahrung“, „vergleichbaren Tätigkeiten“ oder „wahrgenommenen Aufgaben in einer ähnlichen Branche“.
Beispiel Zahnpasta
Wer im Supermarkt vor 20 Tuben Zahnpasta steht, sucht nach den Unterschieden. Welches Produkt ist am günstigsten? Welche Marke weist – in der Wahrnehmung – die höchste Qualität auf? Welche Verpackung bzw. Füllmenge erweist sich womöglich als Nischenprodukt, da sie beispielsweise beim nächsten Flug im Handgepäck mitgeführt werden kann? Darüber hinaus gibt es noch besondere Produktversprechen wie besonders weiße Zähne, einen angenehmen Geschmack (für Kinder), die Massage für das Zahnfleisch usw.
Was für den täglichen Produkteinkauf zutrifft, ist im Bewerbungsverfahren umso relevanter. Ein Headhunter oder Personalleiter fragt sich im Vorfeld (und falls Sie dennoch zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, vielleicht auch vis-à-vis): „Warum würde ich mich für Sie entscheiden – und nicht für einen anderen Kandidaten mit gleicher Qualifikation und vergleichbarem Werdegang?“ Spätestens jetzt gilt es, sich nicht mit dem Tätigkeitsbereich, sondern mit der eigenen Arbeitsweise und den erzielten Erfolgen von der Masse abzuheben.
Erfolgsbericht statt Tätigkeitsbericht
Der Vertriebsleiter weist auf die Steigerung der Verkaufserfolge hin. Der Einkaufsleiter auf die Einsparungen. Der Controller hat vielleicht eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag erhalten. Der Kundendienstleiter hat einen Vorschlag zur Abänderung des EDV-Programms unterbreitet, der eine Produktivitätssteigerung von 7 Prozent nach sich zog. Der Lagerleiter hat die Flurförderfahrzeuge ausgetauscht und damit den Versand der Anzahl der Pakete im Schnitt um 13 Prozent erhöht. Und dem Gabelstaplerfahrer fiel auf, dass er 20-mal am Tag in den letzten Gang fuhr, um ein sehr oft nachgefragtes Produkt zu holen, und nur einmal pro Tag in den Gang für exotische Ware, der hingegen sehr gut erreichbar war; der von ihm angeregte Austausch erhöhte die Anzahl der täglich kommissionierten Ware.
Mit Ergebnissen, Leistungen, Erfolgen und Resultaten weisen wir auf unsere Individualität hin. Wir zeigen, WIE wir arbeiten und nicht nur, WAS wir gemacht haben. Das sind unsere Unterscheidungs- oder auch Alleinstellungsmerkmale. Wer diese transparent auflistet, steigert die Qualität der Unterlagen signifikant. Ich meine, dass lediglich 5 Prozent der Bewerber in der Lage sind, die Frage nach Ihrer Einzigartigkeit in der Ausfüllung ihrer Tätigkeit adäquat zu beantworten.
Nehmen Sie sich Zeit zur Reflexion. Sie werden sehen: Es lohnt sich!
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