Papier oder E-Mail Bewerbungen

E-Mail oder Papierbewerbung?

„Ich sehe gar keinen Unterschied zwischen der Papier- oder E-Mail Bewerbung“, schreibt mir der Diplom-Ingenieur.

„Mit der Papierbewerbung kann man sich doch besser abheben?“ fragt mich eine junge Bewerberin über Jobware.

Wohl kaum eine Frage wird mir häufiger gestellt.

Eines ist klar: Die Zukunft ist digital! Wir leben aber (noch) in der Gegenwart. Einmal müssen wir klarstellen, dass „digital“ verschiedene Gesichter hat. Unternehmen wie Bertelsmann, Merck und Lufthansa oder Novartis im Ausland verweisen auf ihr Online-Formular. Papierbewerbungen sind unerwünscht, E-Mail Adressen der Personalabteilung nicht ersichtlich. Der Bewerber wird gebeten, die Felder einzeln auszufüllen, ein recht mühsames Geschäft. Wenn der Lebenslauf länger ist, liegt die Frustrationsgrenze tiefer. Wer ist gern zwei Stunden online mit seiner Bewerbung bei einem einzigen Arbeitgeber beschäftigt? Auch die Tatsache, dass manche Online-Formulare Anlagen zulassen, hilft nicht immer. Häufig ist nur ein Attachment erlaubt, das von der Größe her begrenzt ist. Das Gleiche gilt, wenn man versucht, ein Text in ein dafür vorgesehenes Feld zu kopieren. „Maximale Anzahl Zeichen: 2000“ kommt dann die Rückmeldung, was nicht mit dem vorbereiteten Lebenslauf oder dem Anschreiben übereinstimmt. Was beim Bewerber häufig zum vorzeitigen Abbruch seiner Bemühungen führt, hat für das Unternehmen Vorteile. Die Datenbank erlaubt es, den richtigen Bewerber genau nach dem vorhandenen Bedarf zu selektieren.

Weit häufiger verbreitet ist die E-Mail Bewerbung. Es zeigt sich jedoch, dass sowohl auf der Bewerber- als auch auf der Unternehmensseite Lernprozesse im Gange sind. Einmal ist die Verlockung für den Bewerber sehr groß, den Unterlagen weniger Aufmerksamkeit zu widmen. „Schlechte Noten für die E-Mail Bewerbung“ heißt es denn auch in einer Studie von www.berufsstart.de. 55% der befragten Unternehmen bescheinigten den eingehenden Online-Bewerbungen ein geringeres Niveau als dem postalischen Pendant.

Im Buch Deutschlands Beste Arbeitgeber lesen wir: „Zwar steht auf fast allen Internetseiten von Deutschlands Beste Arbeitgeber, dass Online-Bewerbungen möglich sind – erwünscht sind sie deshalb noch lange nicht.“ Dieses dokumentieren Unternehmen auch dadurch, dass beispielsweise lediglich jede dritte E-Mail Bewerbung eine Eingangsbestätigung erhält (Studie von Armin Trost, Professor für Betriebswirtschaft und zuvor Leiter des internationalen Recruitings bei SAP, November 2005). In dieser Untersuchung haben sich zwei fiktive Kandidaten mit einem Traumlebenslauf hundert Mal beworben, wurden jedoch lediglich viermal zu einem Vorstellungstermin eingeladen.

Trotz dieser „Schwierigkeiten“ die auf beiden Seiten noch häufig vorherrschen, ist der Weg zur Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten, zu groß sind die Vorteile für sowohl den Bewerber als auch das Unternehmen.

Was soll der Bewerber, der seine Bewerbung als E-Mail verschickt aber berücksichtigen?

Persönliche E-Mail Adresse des Empfängers. Nach Möglichkeit sollte die Bewerbung nicht irgendwo im digitalen Nirwana oder sind schlechte Anlaufstellen. Häufig finden Sie eine persönliche E-Mail Adresse bei Jobbörsen oder auch – nach einigen Recherchen – auf der Website.

Individualisierung Ihrer Unterlagen. Zeigen Sie deutlich, dass Sie die Unterlagen individuell für den Arbeitgeber erstellt haben. Von „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist abzuraten. Machen Sie einen Ansprechpartner ausfindig. Erstellen Sie vielleicht ein Deckblatt, auf dem der Unternehmensnamen erwähnt ist. Nennen Sie die Datei(en) auch nach dem Unternehmen und versehen Sie diese mit Datum. In der Wahrnehmung rücken Sie dadurch vom „Massenmailing“ ab.

Account. In der Zeit in der fast jeder über mehrere E-Mail Adressen verfügt, geschieht es zu häufig, dass die Bewerbung vom „Spaß-Account“ verschickt wird. Ich erhielt schon Bewerbungen von „Supertorti&Co“. Versenden Sie bitte Ihre Bewerbung von einem seriösen Account:

Überprüfen. Gerade wenn Sie viele Bewerbungen versenden: Lesen Sie diese dennoch vor dem Versand erneut durch. Zu häufig hat man eine Mischung aus verschiedenen Anschreiben erstellt (Textblöcke) und plötzlich macht die Aussage keinen Sinn mehr. Rufen Sie die Anlagen vor dem Versand nochmals auf. Es geschieht immer wieder, dass man die falschen Anlagen (vom Wettbewerber…) hinzufügt, den Ansprechpartner nicht angepasst, oder ein Dokument nicht richtig abgespeichert hat.

Volumen. Ich erhalte regelmäßig E-Mail Bewerbungen von 8MB oder 11MB. Dieses ist respektlos und ein sicherer Weg, dass Ihre Unterlagen sofort gelöscht werden. Schauen Sie, dass beim Erstkontakt die Unterlagen 1MB nicht überschreiten.

Format. Manche lieben exotische Formate, animierte Powerpoint-Präsentationen oder ein Mix aus Word-, JPG und PDF-Dateien. Bleiben Sie einheitlich, vermeiden Sie unbekannte oder virenanfällige Formate. Beliebt sind PDF-Dateien. Dadurch stellen Sie außerdem sicher, dass sich nicht nachträglich noch Änderungen einschleichen.

Ton. Die Gewohnheit, im E-Mail Verkehr die Groß- und Kleinschreibung nicht mehr so ernst zu nehmen, phonetische Abkürzungen zu bevorzugen oder auch den Schreibstil etwas aufzulockern färbt sich auf die E-Mail Bewerbungen ab. Legen Sie Disziplin an den Tag und verfassen Sie die digitale Bewerbung mit der gleichen Sorgfalt wie die schriftliche Bewerbung.

Wie sieht es dann mit der Papierbewerbung aus? Gilt man als überholt, wenn man sich in traditioneller Weise an einen potenziellen Arbeitgeber wendet? Ganz und gar nicht. Viele Arbeitgeber freuen sich noch immer darüber. Manch Mittelständler fühlt sich mit der E-Mail Bewerbung vielleicht doch ein wenig überfordert. Gleichzeitig ist es realistisch, dass Sie mit der Papierbewerbung weiterhin die Möglichkeit haben – in anderer Weise als bei der E-Mail Bewerbung – sich vom Wettbewerbsumfeld abzuheben. Ein sauberes Versandkuvert mit Sondermarken, ein tolles, optisches Anschreiben, eine ansprechende Bewerbungsmappe mit Originalbild wirken auch heute noch. Hinlänglich bekannt beurteilen wir nicht nur rationell, sondern auch emotional. Kein Personalleiter kann sich dem Eindruck entziehen, die perfekte Unterlagen hinterlassen. Und in Zeiten, in denen der Empfänger den Unterlagen bei Erstdurchsicht weniger als zwei Minuten widmet, spielt der optische Eindruck eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wir befinden uns in der Übergangsphase, in der die Papierbewerbung ihre Legitimation noch nicht verloren hat. Und Bewerber können mit dieser ersten Arbeitsprobe dem künftigen Arbeitgeber in traditioneller Form ein Zeichen von Wertschätzung vermitteln und dadurch überzeugen.
Im Jahr 2010 ergab eine Umfrage noch, dass immerhin 61 Prozent aller Unternehmen für eine schriftliche Bewerbungsmappe plädieren!