Fremdbestimmtes Leben

Die amerikanische Baseball Legende Yogi Berra hat es wie folgt auf den Punkt gebracht: „Wenn Sie nicht genau wissen, wo sie hinwollen, kann es passieren, dass Sie dort nicht ankommen“. Die Logik scheint einleuchtend.

Gleichwohl fällt uns das Übertragen auf unseren beruflichen Alltag schwer. Warum sollten wir auch planen? Jeden Tag geht die Sonne auf – und am Ende des Tages sind wir irgendwo angekommen. Das Leben meint es möglicherweise nicht schlecht mit uns. Vielfach lockt das Abenteuer. Zuviel planen macht das Leben berechenbar – und somit vielleicht gar langweilig …

Bill Gates, Warren Buffet und Marc Zuckerberg empfanden alle, dass Besitz verpflichtet. Sie sahen die Verantwortung, mit ihrem Vermögen verantwortungsvoll umzugehen. Einfach weil sie darüber verfügten.

Ist die Situation mit unserer vergleichbar? Sie haben möglicherweise keine Milliarden auf dem Konto. Dennoch verfügen wir über ein geistiges Vermögen, Kompetenzen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen. Wenn wir zurück schauen, können wir auswerten, wann wir etwas für jemanden, die Gesellschaft bedeutet haben. Wir können analysieren, was uns gut gelungen ist. Wir stellen fest, worauf wir stolz waren – und vielleicht gar glücklich. In diesen Situationen waren wir mit Sicherheit für unsere Umgebung hilfreich, motivierend und vielleicht Sinn gebend.

Unser Vermögen ist unweigerlich mit unserer Person verbunden. Wir entscheiden jeden Tag, wie wir unseren Besitz einsetzen. Was sich nach Abenteuer anhört: Das Leben mal auf sich zukommen zu lassen, kann auch daneben gehen. Ich möchte keine Ängste schüren, sondern an unsere Verantwortung appellieren.

Zu häufig entscheiden sich – vor allem junge – Leute für den erstbesten Job. Um dann festzustellen, nach drei oder fünf Jahren, dass die Arbeit mit Kennzahlen nicht befriedigt. Ein Job ohne Umgang mit Menschen sei nicht vorstellbar, die kommenden 40 Jahre. Umgekehrt erlebt die Sozialarbeiterin oder die Krankenschwester, dass die messbaren Ergebnisse fehlen.

Eine solche Erkenntnis ist schon eingreifend. Möglicherweise wurde die Ausbildung falsch gewählt – und ist es fragwürdig, ob sich damit eine Stelle finden lässt, die erfüllt.

Schwieriger wird es, wenn jemand „ausharrt.“ Der Verkäufer stellt nach 10 Jahren fest, dass er immer mittelmäßig bleiben wird. Nur, der Neu-Anfang wird einem nicht in den Schoß geworfen. Wo ist der Arbeitgeber, der ein „Schnäppchen“ haben möchte, und den 34-jährigen Ex-Vertriebler einstellt zu Konditionen eines Hochschulabgängers?

Plötzlich sieht das Abenteuer weniger rosig aus. Somit loht sich die Bestandsaufnahme – und zwar in jedem Alter:

  • Was ist mir gut gelungen und warum?
  • Wann war ich motiviert und wieso?
  • In welchen Situationen gab mir meine Umgebung eine positive Rückmeldung?
  • Welche angeborenen Kompetenzen konnte ich einsetzen?
  • Was hat mich in der Situation motiviert?
  • Welche Faktoren haben mit meinen persönlichen Werten übereingestimmt?
  • Welche angelernten Fähigkeiten konnte ich anwenden?

 

Wenn ich festgestellt habe, in welchen Situationen ich den höchsten Mehrwert für mich und meine Umgebung erbracht habe, stellt sich die Frage, wie dieses künftig auch möglich sein wird? Es wird an mein strategisches Geschick appelliert, mein Leben zu planen. Das bietet keine Aussicht auf die Gewissheit der Zielerreichung. Aber ich habe es versucht.

Auch bin ich nicht gezwungen, immer wieder die gleichen Persönlichkeitsmerkmale einzusetzen. Ich kann mich entwickeln. In Bereichen, in denen ich schon gut war, kann ich besser werden. Auf Gebieten, die mir schwer fielen, kann ich dazu lernen (ohne darin zu viel Energie zu investieren). So sind die berufliche Entwicklung und das Leben selbst plötzlich auch zu einem Abenteuer geworden. Nicht das Unbekannte lockt. Sondern es ist der Reiz die Perspektive (die Vision), ja die Bilder im Kopf umzusetzen.

Während der Reise werden wir mit Sicherheit oft genug überrascht von Herausforderungen, ungeplanten Situationen und auch von positiven Ereignissen des Lebens.

Der Artikel sagt: „Aber wenn ich nicht weiß, wohin ich will, dann ist die Konsequenz, dass es andere für mich entscheiden werden.“ Oder wie es anfangs heißt: „Wo soll es denn hingehen im Leben, in der Karriere“? Um sich darüber klar zu werden, sollten Sie sich Zeit nehmen. Denn wer nicht weiß, wohin er will, riskiert ein fremd bestimmtes Leben.

10.02.2015