Täglich grüßt das Murmeltier

Als ich heute die Treppe herunter lief, wurde ich von „Täglich grüßt das Murmeltier“ erwischt. Ich war Bill Murray, alias Phil. Mein Tag hier am Niederrhein war strahlend. Wie die vergangenen zwei Wochen. Die Welt um mich herum war ausgestorben. Wie jeden Tag. Jede Orientierung fehlte. War heute Samstag? Normalerweise ein Grund zur Freude. Länger liegen bleiben, denn der Jüngste muss nicht in die Schule. Musste er aber eh nicht, die vergangenen Wochen. Worin unterschied sich der heutige Tag dann von gestern, von vorgestern, von voriger Woche?

Ein Film für Kinder?

Als ich den Film das erste Mal gesehen hatte, erlebte ich ihn als „netten Film für Kinder“. Einige Jahre später hat er mich nachdenklich gemacht. Wieder einige Zeit später fand ich ihn genial. Phil, ein griesgrämiger, nörgelnder, egozentrischer Reporter wird zu einem Provinzort geschickt. Er soll über einen örtlichen Brauch in Zusammenhang mit einem Murmeltier, welches die Wettervorhersage beeinflusst, berichteten. Als er nach Hause fahren will, zwingt ihn ein aufkommender Schneesturm von seinem Vorhaben abzusehen. Widerwillig verbringt er noch eine Nacht in seiner Pension.

Ausweg aus der Zeitschleife

Am nächsten Tag spielt sein Weckradio das gleiche Lied wie am Vortag und dieser wiederholt sich. Phil versucht aus dem Schleife auszusteigen mit immer rabiateren Mitteln. Er stellt fest, dass es keinen Sinn macht, den eingesteckten Toaster in die Badewanne zu werfen in der er sich befindet. Auch ein herbeigeführter Absturz mit dem Auto in einen Abgrund führt lediglich zum Ergebnis, dass er am nächsten Tag erneut am gleichen Punkt aufwacht.

Loslassen und Gewinnen

Was tun mit der Zeit? Allmählich weiß er, wer wann aus dem Baum fällt und wer zu ersticken droht. Neben den täglichen Hilfeleistungen bleibt aber noch Zeit übrig. Klavier spielen und Eisskulpturen sägen gehören zu den Skills die er sich aneignet. Der größte Gewinn ist aber die Persönlichkeitsentwicklung. Zum ersten Mal im Leben zeigt er Hilfsbereitschaft, Empathie und Gestaltungswillen. Punxsutawney in Pennsylvania ist von ihm begeistert und feiert ihn als Held, Wohltäter und Lebenskünstler. Derart verändert gelingt ihm sogar die Eroberung des Herzens von Rita. Das interessiert ihn aber lediglich am Rande, denn er erreichte dieses Ziel nur deshalb, da er es zuvor losgelassen hatte.

Sense of Urgency

Er war von einer „Sense of Urgency“ geprägt. Auch wenn sich der Tag noch tausend Mal wiederholen würde, war ihm klar, wie er diese Lebenszeit gestalten wollte.

Die vergangenen Jahre habe ich mich über den Anfang der Sommerzeit geärgert. Mir wurde „eine Stunde gestohlen“. Wenn die Stunden, Tage und Wochen aber gleich bleiben, kommt es auf die Umstellung der Winterzeit auch nicht an.

Hören der Stimme

Ich werde mir den Film am Wochenende wahrscheinlich ein viertes Mal anschauen. Es gibt schlechteres auf Netflix & Co. Diesmal ist meine Identifikation mit Phil noch größer. Das Leben hat mich immer schon gefragt, mit welchem Ergebnis ich mich aus der Zeit verabschieden wollte. Diesmal habe ich seine Stimme noch deutlicher gehört.