Täglich verbringen wir acht, 10 oder 12 Stunden mit der Arbeit – gewiss für viele nicht übertrieben wenn die Reisezeit mitgerechnet wird. Für Qualitätszeit mit der Familie bleiben im besten Fall drei oder vier Stunden.
Dennoch wird die Tatsache, dass wir „eine Arbeit haben“ in vielen Fällen als „Glücksfall“ angesehen. Dahinter steht das Denken, dass wir „ausgewählt“ wurden aus der großen Menge von Bewerbern für den Job den wir innehaben.
Dafür reagieren wir mit Dankbarkeit, Loyalität und teils mit Angst – denn wer kann sagen, ob uns das gleiche Glück nochmals ereilen würde wenn wir gezwungen wurden, uns erneut dem Arbeitsmarkt zu stellen.
So sind wir in einem System gefangen – das hauptsächlich vorherrscht… in unserem Kopf! Wir werden gelenkt von Annahmen, Vorstellungen, Bildern. Das ist dann dramatisch, wenn diese abweichen von den Wünschen, Vorstellungen und Träumen denen wir eigentlich nachgehen wollen.
Die erste Generation die – in weiten Teilen – nicht länger bereit war, sich den Vorstellungen der Arbeitgeber unterzuordnen war die viel zitierte Generation Y. Arbeitgeber waren – und das ist keineswegs ein Klischee – damit überfordert, dass die neuen Jahrgänge eine andere Vorstellung über ihr Berufsleben an den Tag legten als sie selbst.
Einmal war der Generation Y bewusst, dass sie länger arbeiten sollten. Dann wurde sie unterstützt vom demographischen Wandel und einer guten Konjunktur. Nicht selten war Neid bei der Vorgesetzten zu erkennen die zu ihrer Zeit gern auch derart selbstbewusst aufgetreten wären. Der Kampf um den Arbeitsplatz hat das damals nicht ermöglicht.
Die Generation Y und Z hat – zumindest in Deutschland – das Rollenverständnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeweicht, in einem nächsten Schritt aufgemischt und letztlich grundlegend geändert.
Führungskräfte sahen sich zunächst als „Hüter der alten Werte“ – bis vielfach ein Perspektivenwechsel eintrat. Sie wurden vom Bazillus der Selbstbestimmtheit der neuen Generation angesteckt. Es wurde es auch reiferen Mitarbeitern klar, dass sie nicht dafür verantwortlich waren, dass der Deich nicht durchbrechen würde. Gegen wirtschaftliche und demographische Tatsachen zu kämpfen wäre ohnehin sinnlos. So fragte und fragt sich mancher warum er selbst nicht von den Optionen die der Arbeitsmarkt bietet Gebrauch machen würde… Beim Wunscharbeitgeber in der Traumbranche könnte dann nochmals ein Neu-Anfang gewagt werden. Hier wären der Aufbau und das Ausleben einer Unternehmens- und Führungskultur unter anderen Vorzeichen vielleicht möglich.
Frau Barbara Wittmann, Mitglied der Geschäftsleitung von LinkedIn im deutschsprachigen Raum sagt in einem Gespräch mit der WELT: „Vor einigen Jahren in der wirtschaftlich schwierigen Zeit mit hohen Arbeitslosenquoten war die Wechselbereitschaft in Deutschland deutlich geringer ausgeprägt“. Sie ergänzt: „Heute könnte die Mitarbeiter-Fluktuation nicht über ganze Branchen hinweg so hoch sein, wäre der Jobmarkt für Fachkräfte nicht leergefegt“.
Die Fluktuation steigt nicht linear an. Eine exponentielle Entwicklung ist sichtbar. Denn jeder der erfolgreich den Arbeitgeber wechselt, sendet das Signal: Es ist möglich! Dieser Nachweis wird erbracht – auch dort wo früher Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund oder eine passgenaue Qualifikation einen Strich durch die Rechnung machten. Der Lockruf wird größer. Nur Arbeitgeber die sich ernsthaft mit dem Mitarbeiter als Mensch befassen, können sich diesem Phänomen relativ gelassen entziehen. Die andere werden im besten Fall so lange verschont, bis der Mitarbeiter aufwacht – und die Realität erkennt in der er lebt!