Bewerbungsmappe

Bewerbungsmappe: je teurer desto besser?

Es führt kaum ein Weg an ihnen vorbei. Für knapp vier Euro kauft man zunächst das Gefühl, dass man „alles zum Gelingen seiner Bewerbung“ beigetragen hat. Für diesen Betrag erwirbt man bei der Bürofachhandlung das Edelste, das der Markt im Augenblick zu bieten hat. Auf grauem, schwarzem, blauem oder bordeauxfarbenem Hintergrund ist der Schriftzug „Bewerbung“ geprägt. Die Bewerbungsmappe liegt wie ein Triptychon, ja wie ein dreiteiliges Altarbild von Ihnen. Eine Seite wird nach links, die andere Seite nach rechts geöffnet. Über die Verwendung der Mappe herrschen unterschiedliche Meinungen. Bei manchen Bewerbern wird das Anschreiben sichtbar, sobald die linke Seite weggeklappt ist. Andere legen das Anschreiben auf die Mappe und lassen den – möglicherweise – dafür vorgesehenen Raum frei. Wenn nun auch die rechte Seite weggeklappt ist, hat die Bewerbung mit drei neben einander liegenden A4-Flächen wirklich Raum eingenommen. Zwei Klemmschienen stehen zur Verfügung und erlauben eine gewisse Kreativität. Deckblatt mittig? Lebenslauf rechts? Die sonstigen Unterlagen ebenfalls in der Mitte?

Bei so viel opulenter Darstellungs-Präsenz trauen sich viele Bewerber im Laden kaum, einen Blick in die fast vernachlässigte Ecke mit den eher klassischen Bewerbungsmappen zu werfen. Das Wort „Klemmhefter“ ist zum Unwort erodiert. Bewerber fragen mich ernsthaft, ob es noch legitim sei, dieses Material einzusetzen, oder ob man dann gleich disqualifiziert wird aufgrund der Tatsache, dass man „nicht bereit sei, mehr Geld für seine Bewerbung zu investieren …“ Die Hälfte der Bewerber verwendet diese geschlossenen Mappen. Manche äußern zusätzlich, dass der Headhunter Schwierigkeiten haben könnte, mit der einen Hand zu telefonieren, während er mit der anderen Hand in den Unterlagen blättert und sich Notizen macht – ein Argument, das ich lediglich aus der Bewerbungslektüre, nicht aber aus der Praxis kenne.

Wie verhält es sich nun in Wirklichkeit mit den Bewerbungsmappen? Wenn man auch über eine gute Dosis Selbstbewusstsein verfügen sollte, damit man sich diese Frage überhaupt noch stellt!

Da gibt es einige Aspekte, die zu berücksichtigen sind:

Wenn die Bewerbungsunterlagen nach Durchsicht „auf den Stapel“ landen, sehen die teuren, geschlossenen Mappen von außen alle gleich aus.

Damit die richtige Bewerbung zurückgefunden und ggf. einer anderen Person gezeigt wird, muss die entsprechende Mappe erst eher umständlich geöffnet werden – damit sie „das Innere“ Preis gibt.

Die wichtigste Erkenntnis ist aber, dass viele Informationen semantisch zu uns gelangen – und nur wenige symbolisch oder bildlich. Die Realität ist, dass ich – wenn ich viele Bewerbungen am Tag betrachte - am nächsten Tag 90% der Einzelheiten vergessen habe. Was ist aber eine logische Reaktion, wenn eine Bewerbung überzeugt und fesselt? Ich schaue mir das Bewerbungsbild an! In meinem Gehirn werde ich nun eine Verbindung zwischen Bild und Inhalt legen. Sehe ich das Bild, dann kann ich mich einige Tage später nicht an die Details erinnern. Aber ich assoziiere mit dem Foto die hohe Qualifikation und den positiven Eindruck, den ich gewonnen habe.

Wenn Ihre Mappe also nicht geschlossen, sondern traditionell offen ist, bürgt diese Entscheidung für viele Vorteile. Der pozentielle Arbeitgeber findet Ihre Unterlagen rasch und reicht diese einfach weiter. Was aber bedeutender ist: Solange Sie „offen“ auf dem Stapel liegen, wird der Entscheidungsträger immer wieder – bei erneuter Betrachtung, Durchsicht und Abwägung – mit seinen positiven Empfindungen konfrontiert.

Der Vorteil bei Initiativbewerbungen soll ebenfalls nicht unterschätzt werden. Allein durch Einsatz dieses Mediums ragen Sie bereits heraus und gewinnen Alleinstellungsmerkmale. Wenn Sie Ihre Unterlagen nicht unbedingt an Siemens, Lufthansa oder BMW versenden, sondern vielleicht an den eher unbekannten Mittelständler, haben Sie wirklich sehr gute Chancen, dass Sie irgendwo gut sichtbar in einem Postkörbchen „Wiedervorlage“ liegen. Ihre Kompetenz wird jedes Mal über das Bild in der offenen Mappe in Erinnerung gerufen. Es ist nicht selten, dass Initiativbewerbungen anstatt in der Personalabteilung, in der entsprechenden Fachabteilung verweilen und dort täglich wirklich gut sichtbar herumliegen.

Welche sind dann die Möglichkeiten, wenn man von den geschlossenen Mappen Abstand nehmen möchte?

Klemmhefter. Auch wenn das Wort möglicherweise hie und da (vor allem bei Bewerbern, die viele Präsentationen verfassen) Entsetzen auslöst, ist diese Darstellungsform der Unterlagen nach wie vor legitim. Es gibt aber Preis- und Qualitätsunterschiede. Manche Mappen fühlen sich dermaßen billig an, dass sie nicht eingesetzt werden sollten. Ein guter Standard ist die bewährte „Duraclip“ Mappe. Für Männer ist die Farbe schwarz oder blau vielleicht eher geeignet (kommt natürlich auch auf die Funktion sowie das Unternehmen an), Frauen dagegen finden häufig eine etwas fröhlichere Farbe, die vielleicht den Hintergrund des Bewerbungsbildes aufgreift. Persönlich bin ich vom „Leitz 4170 Klemmhefter“ angetan, der mit dem zutreffenden Argument „der Vorderdeckel hat eine edle diagonale Struktur und bleibt trotzdem transparent“ verkauft wird.

Klemmschiene. Manch einer mag darin den „Abstieg total“ sehen. Andere erblicken in dem Einsatz aber ein recht hohes Maß an Kreativität und Flexibilität. Das fängt bei einer reichen Farbauswahl (oder Transparenz) an, geht über das Fassungs-Volumen der Schiene bis hin zur Gestaltung der Abdeckung (Präsentationsfolie, weißer Karton, beides?). Das Endergebnis wirkt keineswegs unprofessionell. Die Folie ist glasklar und gewährt somit einen ungetrübten Blick auf das Bewerbungsbild. Da nur wenige Bewerber von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, sind Alleinstellungsmerkmale garantiert.

Bewerber, die in ihrer Tätigkeit eher eine „Kampagne“ sehen als den täglichen Gang zum Tante-Emma-Laden, damit sie wieder zwei Briefmarken, ein Versandkuvert sowie einen neuen Klemmhefter und vier Bilder kaufen, sollen durchaus überlegen, ein Thermo-Bindegerät zu erwerben! Auch wenn die Einzelhandelspreise höher liegen, werden diese Geräte in Bürokatalogen bereits für netto Euro 40 und weniger anboten. Die Folgekosten für die Thermomappen sind mit 20 bis 50 Cent (gleicher Katalog) durchaus überschaubar und der Controller hat bereits errechnet, wie viele Bewerbungen er versenden sollte, damit der „Break Even“ in Bezug auf alternative Mappen erreicht ist …

Seien Sie mutig, zeigen Sie Profil, stehen Sie zu Ihren eigenen Empfindungen. Tragen Sie Sorge dafür, dass der Empfänger Ihrer Unterlagen eine schöne, individuelle Mappe in der Hand hält. Diese sollte den Blick auf ein gewinnendes, überzeugendes, auf einem Deckblatt aufgeklebten, Bewerbungsfoto erlauben.