Tipps für Bewerber
Job-Hunting kostet Zeit und Geld
Job-Hunting kostet Zeit und Geld: die mentale Einstellung!
Der Bau-Ingenieur und Hochschulabgänger kam nach dem Bewerbungstraining auf mich zu. Wenn er sich bewirbt, sagte er mir, landet er auf einem Stapel mit 400 anderen Bewerbungen. Der 47-jährige Verkaufsleiter hatte 250 Bewerbungen versendet. Auch wenn sie nun beide einen Job gefunden haben, geht es nicht jedem so gut wie dem Mitarbeiter Regulatory Affairs (Positionsbezeichnung, im Bereich der pharmazeutischen Industrie). Mit seiner Spezialisierung im Pharmabereich wird er ununterbrochen von Headhuntern kontaktiert. Auch das Unternehmen im Norden des Landes mit einem Fokus auf erneuerbare Energie weiß nicht, wo es die Mitarbeiter hernehmen soll.
Wer sich heute bewirbt, soll aber davon ausgehen, dass es sich um einen längeren Prozess handelt. Je nach Rahmenbedingungen gehen schnell drei bis sechs Monate ins Land. Es ist gut, wenn man sich mental darauf einstellt, zumindest 100 Bewerbungen zu versenden. Das kostet Geld und es lohnt sich, diese Tatsache nicht „emotional“, sondern als eine Investition in seine Zukunft zu betrachten. In diesem Zusammenhang sollten Sie nicht „kleckern“, sondern „klotzen“ (zum Thema E-Mail Bewerbungen gibt es einen separaten Beitrag):
Versandkuverts. Kaufen Sie gleich eine Hunderter-Packung mit weißen C4-Fensterkuverts und Kartonrückenverstärkung. Kostenpunkt: € 20.
Sondermarken. Nehmen Sie sich einmal die Zeit und entscheiden Sie sich für passende € 0,55 und € 0,45 Sondermarken (zweimal € 0,45 und einmal € 0,55). Kaufen Sie gleich fünfzig Stück zu € 0,55 und hundert zu € 0,45. Kosten € 72,50. Für den Rest haben Sie noch Verwendung.
Kaufen Sie 500 Blatt 100 g/qm Papier für das Anschreiben und 250 Blatt 120 g/qm Papier für das Deckblatt. Kosten: € 10.
Mappen: lassen Sie die Finger von den dreiflügeligen Mappen, die bei allen Personalern verhasst sind. Entweder kaufen Sie 50 Klemmmappen, die Sie mit Ihrem Deckblatt individualisieren, oder, meine Empfehlung, Sie legen sich ein Thermobindegerät zu, zunächst mit 50 Thermomappen. Sieht toll aus, kaum einer macht davon Gebrauch und Sie dokumentieren, dass die Mappe nur einmal auf die Reise geschickt wird. Kosten: gut €100.
Bewerbungsbild. Sie wollen eine (digitale) Serie erstellen lassen und daraus die drei bis fünf besten Bilder auswählen. Sie zahlen für die Zeit und für die Überlassung der Dateien. Wenn Sie gleich 50 bis 100 Bilder (nicht alle die Gleichen) bestellen, müssen Sie mit mindestens € 300 rechnen. Eingescannte Bilder sind auf Papierunterlagen tabu.
Kopierpapier: 2.500 Blatt – für die Anlagen. Kosten € 15
Laserdrucker? Vielleicht ist nun der Zeitpunkt der Anschaffung gekommen? Gut € 100.
Sie sehen: Bevor Sie loslegen, haben Sie bereits € 500 bis € 600 investiert. Das ist gut! Sie müssen sich nun nicht jedes Mal entscheiden, „ob Ihnen die Mappe nicht zu teuer ist…“ Außerdem werden Sie nicht unnötig abgelenkt, da Sie sich wieder bei der Post ärgern müssen, weil „Ihre“ Sondermarken nicht vorhanden sind.
Neben Geld kostet das Job-Hunting Zeit! Heute sprach ich mit einem Job-Hunter, dessen Vater nicht verstand, dass er in dieser Phase der Arbeitssuche so sehr beschäftigt war. Das ist ein gutes Zeichen!
Als Luftfahrtingenieur oder IT-Experte kann man es sich vielleicht leisten, lediglich auf ausgeschriebene Stellen zu reagieren. Für die meisten ist darüber hinaus eine pro-aktive und initiative Vorgehensweise gefragt. Dieses Thema werde ich nochmals vertiefend aufgreifen, aber hier seien bereits einige Denkansätze erwähnt:
- Initiativbewerbungen
- Stellensuchanzeigen
- Kontakte zu Personalberatern
- In Verbindung treten zu Zeitarbeitsunternehmen
- Lebenslauf bei Karriereportalen hinterlegen
- Kontakt zur ZAV aufnehmen (Fach- und Führungskräfte)
- Zu XING hinzutreten
- Jobguide kaufen
- Das Ausland gezielt ins Auge fassen: Samstagsabonnement ausländischer Zeitungen > Neue Zürcher Zeitung (Schweiz), Kurier/der Standard (Österreich), d’Wort (Luxemburg)
- Lebenslauf bei ausländischen Jobportalen hinterlegen, Europaservice der Bundesarbeitsagentur in Anspruch nehmen
Der Engpass ist nicht der Arbeitsmarkt, sondern die Zeit, die Ihnen zur Verfügung steht! Wenn Sie strategisch, gezielt und fokussiert von den gebotenen Möglichkeiten Gebrauch machen, können Sie sich auf einen Sechs- bis Achtstundentag gefasst machen.
In der Praxis sehe ich bei Arbeitssuchenden einen großen Fehler. In der Neu-Orientierung versenden sie vielleicht 10 Bewerbungen und warten dann zunächst auf die Rückmeldungen. Damit gehen dann vier bis sechs Wochen ins Land. Wenn sie lauter Absagen erhalten haben, ist das ein emotionaler Rückschlag. Außerdem haben sie „draußen“ keine Bewerbungen mehr und fallen somit in ein Loch.
Wer den Bewerbungsprozess als gelegentliche Angelegenheit betrachtet, erlebt einen Jo-Jo-Effekt. Vom Adrenalin-Ausstoß, wenn der nächste Schub Bewerbungen verschickt wird, bis hin zur Verzweiflung und Fragen, ob man überhaupt noch „einen Wert“ hat, wenn man vermeintlich keine „Leistung“ erbringt …
Man kann diesem Wechselbad der Gefühle zuvor kommen. Halten Sie Ihre Augen auf die Zielerreichung fokussiert. Lassen Sie sich nicht von Einladungen zum Vorstellungsgespräch oder vermeintlich positiven Rückmeldungen ablenken. Nur der unterschriebene Arbeitsvertrag zählt. Sorgen Sie dafür, dass die Pipeline immer mit Bewerbungen voll ist. Es sollte Ihre Zielsetzung sein, dass Sie minimal eine Bewerbung pro Tag versenden. Dann lassen sich Enttäuschungen wesentlich einfacher verkraften. Sie schöpfen Hoffnung und Energie aus den Bewerbungen, die noch zirkulieren.
Derjenige, der den Bewerbungsprozess als Parttime-Job betrachtet, benötigt häufig sechs, neun oder zwölf Monate, um zu einer neuen Stelle zu gelangen. Nicht selten führt diese Haltung in die Langzeitarbeitslosigkeit. Wenn Sie das Job-Hunting als Fulltime-Job ansehen, ist der Zeitrahmen von drei bis sechs Monaten zu einer neuen Stelle realistisch.