Das umgekehrte Pareto-Prinzip: Unternehmertum – die neue Sicherheit?

Seit vielen Jahren bin ich der Ansicht, dass Unternehmertum eine größere Sicherheit bietet als das Angestelltenverhältnis. Wer mit Mitte dreißig bis Ende vierzig gezwungen wird, sich neu zu orientieren, nimmt die Herausforderung sportlich auf.

Wenn mal eine „fünf“ geschrieben ist, ändern sich die Spielregeln gerade – dennoch haben sich die Wenigsten den unfreiwilligen Neu-Anfang gewünscht. Häufig stehen die nun gestandenen Persönlichkeiten mit Berufs- und Lebenserfahrung vor der Fragestellung wie es (häufig auch mit finanziellen Rücklagen aus einer Abfindung oder aufgebaut während der vergangenen Jahre) weitergeht.

Hier wird vielfach das umgekehrte Pareto-Prinzip sichtbar. 80 Prozent der Energie und Zeit wird in die Suche nach einem neuen Angestelltenverhältnis investiert, während die Erfolgschancen bei deutlich weniger als 20 Prozent liegen. Reife Manager schwimmen mit dem Strom, bewerben sich auf ausgeschriebene Stellen, nur um zu entdecken, dass Erfahrung nicht in der Weise honoriert wird, wie sie es sich wünschen würden.

Dabei sind wirtschaftliche Kenntnisse mit Praxis-Erfahrungen und daraus gelernte Lektionen ein großer Haben-Posten in der persönlichen Bilanz. Es ist nur die Frage, wo dieses Kapital sinnvoll eingesetzt werden kann. Wenn sich ein Angestelltenverhältnis als mühsam herausstellt, ist es durchaus legitim das Leben selbstbestimmt in die eigene Hand zu nehmen.

Wenn die zündende Idee zur Autonomie fehlt, ist eine Inspiration aus dem Franchise oder dem Direktvertrieb möglich. Hier wäre es möglich mit Einsatz von 20 Prozent des Aufwandes Erfolgschancen von 80 Prozent und mehr zu erzielen.

Meistens wird die Unternehmensnachfolge übersehen. Dabei gibt es zehntausende Unternehmen die seit vielen Jahren erfolgreich wirtschaften und aufgegeben werden, da lt. FAZ „die Suche nach einem Nachfolger erfolglos beendet wird“. Das ist nicht nur schade, sondern dramatisch, denn hier wird ein aufgebauter Wert sinnlos vernichtet.

So suchen einerseits Unternehmer einen Nachfolger und werden nicht fündig während gleichzeitig gestandene Leistungsträger und Führungspersönlichkeiten zu Hause sitzen und nicht wissen, was sie mit ihren Kompetenzen anfangen sollen.

Damit Missverständnisse vermieden werden, trenne ich hier eine selbständige Tätigkeit vom Unternehmertum. Der Selbständige verkauft seine Zeit und arbeitet somit für die Firma. Beim Unternehmertum arbeitet das Unternehmen für den Inhaber, auch wenn dieser mal krank ist oder im Urlaub. Besser noch: Der Inhaber kann – wenn er alles richtig und rechtzeitig anstellt – eines Tages bestimmen, sein Unternehmen zu verkaufen, andere Eigentümer zu beteiligen oder die Unternehmensführung einem angestellten Geschäftsführer zu übergeben.

Ich betreue zunehmend Persönlichkeiten, die auch bereits mit Mitte/Ende 40 bewusst eine Firmenübernahme, bzw. Nachfolge anstreben. Das Risiko ist recht gering, da es sich dann um einen Betrieb handelt, der schon Jahre existiert. Selbstverständlich sollen die Bücher professionell geprüft werden. In zweiter Instanz können Sie Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten befragen.

Wie finden Sie solche Unternehmen? Z.B.

  • Im Gespräch mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern
  • Kontakt aufnehmen mit der IHK
  • Nachschauen in der Unternehmensnachfolgebörse nexxt-change.org
  • Wenn mehr Kapital investiert werden kann, wendet man sich an Berater die auf dieses Metier spezialisiert sind

Selbstverständlich soll eine unabhängige Unternehmensbewertung stattfinden damit eine reale Kaufsumme im Raum steht.

Es ist überaus üblich, dass der Kaufbetrag nicht auf einmal bar auf den Tisch gelegt wird. Häufig wird der derzeitige Inhaber verpflichtet, dem Unternehmen beispielsweise noch drei Jahre erhalten zu bleiben. In dieser Zeit können Anteile übertragen werden was die Finanzierung erleichtert.

Lästig für Kunden und Mitarbeiter? Möglicherweise. Die Vorteile überwiegen aber. Einmal kann ein vernünftiger Übergang stattfinden. Zweitens – und dieser Aspekt ist nicht unwesentlich – wird die Kaufsumme meistens als Durchschnittswert der Gewinne der letzten Jahre, multipliziert mit einem Branchefaktor X definiert. Gleichzeitig wird vereinbart, dass dieser Wert zumindest gleichbleiben soll. Verringert sich der Gewinn, verringert sich der Kaufpreis. Alle haben somit ein Interesse an eine geregelte Übergangsphase.

Da es für Unternehmensinhaber schwieriger wird, einen Käufer zu finden, wirkt sich dieses natürlich positiv auf die Kaufsumme aus. Bevor die Geschäftstätigkeit eingestellt werden muss, ist der Inhaber vielleicht bereit, die Kaufsumme nochmals zu überdenken oder den Zeitraum der Zahlungen zu strecken.

Viele Unternehmer sehen ihre Firma nicht nur als ein wirtschaftliches Konstrukt mit dem sie ihren Lebensunterhalt abdecken. Für sie sind die Mitarbeiter Familie geworden und sie empfinden eine soziale Verantwortung, dass der Betrieb weitergeführt wird.

FAZ vom 28.12.2017: Kaufinteressenten gesucht: Tausende Unternehmer ohne Nachfolger