Die FAS am 25. Januar 2015 hat auf ihrer Seite 22 ein Porträt von Jack Ma skizziert. Es handelt sich um den reichsten Mann Chinas. Nach dem Börsengang von Alibaba verfügt er über mehr als 20 Milliarden Dollar. Nun hat er mit seinem „Charme Davos verzaubert“ heißt es in der Kopfzeile.
Es ist durchaus interessant, einmal hinter die Kulissen zu schauen. Übereinstimmend berichten die Medien dass Jack Ma keineswegs arrogant auftritt. Im Gegenteil. Vermutlich hat das mit seiner Vergangenheit zu tun, die vielfach vom Scheitern geprägt war.
Hier die FAS: Er hatte weder einen reichen Vater, noch Geld noch eine elitäre Ausbildung. Lange Zeit spricht er (in Davos) nicht vom Erfolg, sondern von Niederlagen. Ma ist in seinem Leben etliche Male gescheitert. Er ist in der ostchinesische Stadt Hangzhou aufgewachsen und in der Schulzeit durch zig Prüfungen gefallen, zweimal sogar in der Grundschule. Sein Traum war es, Englisch zu studieren. Ziemlich exotisch für einen jungen Chinesen, damals. An der Schule wurde das Fach nicht unterrichtet, englische Bücher gab es nicht. Aber Touristen kamen ins Shangri-La Hotel. Denen zeigte er vom zwölften Lebensjahr an seine Stadt. Von ihnen lernte er Englisch. „Und ich erfuhr viele Dinge, die so ganz anders waren als alles, was ich aus der Schule und von meinen Eltern kannte.“
Auch die Aufnahmeprüfung zum Englisch-Studium bestand Ma erst im dritten Anlauf. Zwischenzeitlich bewarb er sich um 30 Jobs. „Ich erhielt nur Absagen.“ Die Polizei wollte ihn nicht haben, Kentucky Fried Chicken auch nicht. Dabei hat die Fast-Food-Kette aus Amerika für ihre Filiale in Hangzhou jeden genommen. „Nur mich nicht.“ Trotzdem bewarb er sich weiter, sogar an der Eliteuniversität Harvard. Zehnmal. Immer ohne Erfolg.
Die Misserfolge, das Scheitern, gehören für ihn zum Erfolg. Irgendwann hat es immer geklappt. Er wurde Lehrer und unterrichtete sechs Jahre lang Englisch, sein Monatslohn betrug damals zwölf Dollar.
Dass er heute der reichste Mann Chinas ist, will er gar nicht hören. Unangenehm ist ihm der Titel. „Vielleicht bin ich das“, sagt er auf mehrfache Nachfrage. Aber es passt ihm nicht. „Wenn Du eine Million besitzt, ist das dein Geld. Wenn Du eine Milliarde besitzt, gehört sie dir nicht, du verwaltest sie nur, weil die Menschen glauben, dass Du daraus etwas Besseres machen kannst als andere.“
Mit Freunden entwickelte er eine kleine Suchmaschine, „eine kleine hässliche Seite.“ Der Versuch scheiterte, aber das Internet hatte Ma gepackt. 1999 startete er einen zweiten Versuch – Alibaba.
Es gibt ein Video, das Ma während seiner ersten Präsentation zeigt: 17 Freunde hat er in sein kleines Wohnzimmer eingeladen, sie hocken eng beisammen in dicken Pullis und Jacken, mit verschränkten Armen, und gucken skeptisch – während Ma sie von seiner Idee zu überzeugen versucht. Mit den coolen Typen aus dem Silicon Valley in ihren T-Shirts und kurzen Hosen hat dieses chinesische Team wenig zu tun. Fast alle sind bis heute dabei, alle sind sie reich geworden.
Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain ist schwer beeindruckt von Ma: „Seine Vision wird verwirklicht. Wir sind stolz mit ihm zusammenzuarbeiten, auch beim Börsengang.“
Das klang früher ganz anders. Da hielten sie Ma für verrückt, wenn er von seinen Plänen fürs Internet erzählte. Die chinesischen Banken ließen ihn durchweg abblitzen. Die ersten fünf Jahre von Alibaba waren entsprechend hart. „Es ging immer nur darum, zu überleben“, sagt Ma. Heute bieten die Banken ihm Kredite an. „Aber jetzt will ich sie nicht.“ Er braucht sie nicht. Die Genugtuung darüber sieht man ihm an, überheblich wirkt er trotzdem nicht.
Jetzt will Ma die Welt verändern, mehr noch, er will sie verbessern. „Verändern, das ist vielleicht Obamas Job.“ An der Stelle wird Ma durchaus philosophisch. „Wer die Welt verändern will, muss sich selbst verändern.“ Für ihn persönlich bedeutet das, dass er, der viel bekommen hat, nu „zurückgibt.“ Er will Jüngeren Mut machen. Auch mit seinem Beispiel.
Deshalb erzählt er seine Geschichte. Die Geschichte von einem jungen Chinesen, der scheiterte und immer weitermachte. Nie aufgab… Soweit die FAS.
Der Bericht hat mich heute gedanklich begleitet. Sind hier Lektionen für den Erfolg aufgezeichnet? Ich bin mir nicht sicher. Es gibt sicherlich Tausende andere die – ähnlich wie Ma – eine Vision haben und dafür leben, diese umzusetzen. Nicht jeder wird Milliardär. Und viele Geschäftsideen werden auch beim zehnten Versuch scheitern.
Gleichwohl ist es gut, einmal darüber nachzudenken, wie sich Ma gefühlt haben mag, als er als Einziger von Kentucky Fried Chicken abgelehnt wurde.
Und hier sehe ich viele Job-Hunter, Bewerber vor mir, die an dieser Stelle die Flinte ins Korn werfen. Verständlich – und gleichzeitig verbauen sie damit den Weg für den möglichen künftigen Erfolg. Da kommt mir Joanne Rowling in den Sinn, Autor von Harry Potter. Als Hartz IV Empfängerin hat sich bei über 30 Verlagen angeklopft. Vergeblich. Bis einer das Wagnis einging. Heute ist sie reicher als die Queen. Aber sie hätte auch beim 29. Verlag aufhören können.
Es geht mir hier weder um Reichtum, noch um „das Geheimnis wie man zum Erfolg kommt.“ Ich beobachte aber: Wer aufgibt, erhält keine weiteren Chancen. Für den der weitermacht, ist jeder nächste Kontakt wie der Erstkontakt.
Dieses sehe ich bei Personen die ich begleite. Manche schreiben 10 Unternehmen an, werden zu fünf Vorstellungsgesprächen eingeladen und können wählen aus drei Jobs. Andere legen 100 Kontakte, oder im Extremfall 150 oder auch 200. Irgendwann passt es dann. Und für den Arbeitgeber Nummer 200 war es der Erstkontakt. Er hat sich über die Bewerbung gefreut, sein Problem ist gelöst und es kann sich um einer glückliche Zusammenarbeit bis zur Rente handeln. Der Kontakt hätte auch der Erstkontakt sein können. Mit Sicherheit hätte sich der Bewerber anders gefühlt. Aber offensichtlich ohne Berechtigung. Etwas Demut steht uns gut – verbunden mit Beharrlichkeit und Durchsetzungskraft.
PS. Da der Artikel aus der FAS nicht digital verfügbar ist, verlinke ich auf einen Bericht auf dem Handelsblatt
25.01.2015